„Trägst du da die Kröten über die Straße oder wie?“, war die häufigste Reaktion, von herzlichem Lachen begleitet, wenn ich Freunden und Familie erzählte, ich würde bei der Krötenwanderung helfen.
„Ja, eigentlich schon“, gab ich zurück und das Lachen verstummte. „Echt jetzt?“.
Ja, es hört sich vielleicht lustig an, doch im Prinzip ist es genauso: Man trägt die Kröten über die Straße. Allerdings natürlich nicht den ganzen Tag und jede Einzeln. Das Vorgehen ist vom
Naturschutzbund Wedemark und andernorts von deren Verbänden gut durchdacht und organisiert. Auch ich hatte bisher noch nie bei einer Krötenwanderung geholfen, war also gespannt wie sowas ablaufen
würde, als ich mich in diesem Frühjahr beim NABU meldete.
Wir trafen uns morgens um acht an der Hermann-Löns-Straße. Wer dort im Frühjahr öfters vorbei fährt, hat sowohl das Hinweisschild, als auch den kleinen grünen Zaun sicherlich schon bemerkt. Mit
Warnwesten und einem Eimer ausgestattet begannen wir zu Dritt den rund 600 Meter langen Zaun entlang zu gehen und abzusuchen. Alle paar Meter waren in den Boden Eimer eingelassen, die mit etwas
Laub und Erde gefüllt wurden. Ein kleiner Stock dient Käfern und anderen Krabbeltieren, die in den Eimer fallen, dazu, eigenständig wieder heraus zu kommen. Kröten und Fröschen ist dies nicht
möglich, sie sitzen also in den Eimern bis jemand, nämlich die freiwilligen Helfer des NABU, sie heraus holen. Dafür hatten wir den extra Behälter dabei. Die Kröten müssen dann genauestens
untersucht werden, um sie als Männchen oder Weibchen zu identifizieren. Männchen haben sehr kräftige, regelrecht muskulöse Vorderbeine, schwarze Einfärbungen im Kehlbereich – das ist der Bereich
zwischen den „Fingern“ und sind meist einfarbiger und kleiner als Weibchen. Ganz klar zu erkennen ist das Männchen, wenn zwei Kröten übereinander gefunden werden. Denn bereits auf dem Weg zum
Laichgewässer klammern sich die männlichen Kröten an das Weibchen und lassen sich von diesem tragen.
In den insgesamt 36 Eimern und auch am Zaun entlang, fanden wir bei meinem ersten Kontrollgang nur eine Kröte, denn das Wetter war für eine Wanderung nicht geeignet. Es nieselte zwar, was eine
ideale Voraussetzung ist, jedoch waren es nur 4° Celsius. Die kleinen Amphibien bevorzugen eher Temperaturen ab 8°.
Ein paar Tage später, es wurde inzwischen wieder wärmer, nahm ich erneut an der morgendlichen Kontrolle teil – jeden Abend fand eine weitere statt. Und tatsächlich konnten wir wesentlich mehr
Tierchen entdecken: 31 Kröten und 13 Frösche. Wir leerten den mitgebrachten Eimer, von fiependen Geräuschen begleitet, mehrfach auf der anderen Straßenseite aus.
In einer Liste haben wir die Anzahl und Art des Fundes eingetragen: Männliche oder weibliche Kröte, Frosch oder auch Molch. Anhand dieser Listen kann anschließend mit den Vorjahren verglichen
werden, ob sich die Population verändert hat.
Dieses Jahr stand der Zaun nun rund 5 Wochen lang, bis er Mitte April wieder abgebaut wurde. „Meist ist der Zaun für 4-6 Wochen aufgebaut, dann sind alle Kröten auf der anderen Seite. Durch die
Frostperioden im März verzögerte sich die Wanderung in diesem Jahr, ist aber noch im Rahmen“, erklärte mir Detlef vom NABU. Abschließend konnten 1.359 Erdkröten (davon 1.017 Männchen und 342
Weibchen) über die vielbefahrene Straße gebracht werden. Dazu kamen 139 Grasfrösche, ein Teichfrosch, ein kleiner Wasserfrosch, 14 Bergmolche und ein
seltener Kammmolch.
Den insgesamt 17 Freiwilligen sowie weiteren Familienangehörigen oder Freunden gilt ein großes Dankeschön.
Wer im nächsten Jahr gerne helfen möchte oder nur mal vorbei schauen, ist herzlichst eingeladen. Darüber hinaus gibt es selbstverständlich viele weitere Projekte bei denen sich der Naturschutzbund Wedemark über Unterstützung freut.
Nach der Laichperiode verteilen sich die Kröten vom Laichgewässer aus in alle Richtungen, sodass hier eine überwachte Krötenrückwanderung kaum möglich ist. Zur Überwinterung verstecken sich Amphibien unter Laub und Erde und verfallen in eine sogenannte Winterstarre. Erst im nächsten Frühjahr wird der grüne Zaun also erneut zum Einsatz kommen.
Text: A.Heinrichs